Eine kleine Blogparade, um Kultur auf den Boden zu holen
Zusammen mit meinem Künstlerfreund Peter Kalb rufe ich zur #blokult11 auf, der Blogparade für alle, die noch Kultur in sich spüren und zum Vorschein bringen wollen. Was heißt eigentlich Kultur? Macht euch mal einen Spaß und sucht bei Google nach „Kultur Definition“. Pickt euch wahllos einige der 14 Millionen Suchergebnisse heraus, vergleicht sie und versucht Parallelen zu finden. Oder noch besser: Macht es nicht. Das wäre vergebene Lebensmühe. „Kultur“ kommt aus dem Lateinischen und bedeutet so viel wie „Bearbeitung“ oder „Pflege“. Die Tatsache, dass ich für diese grundlegende Begriffsklärung Wikiedia bemühen muss, zeigt eigentlich nur, wie wenig ich von Kultur verstehe. Gerade aus diesem Grund beschäftige ich mich schon seit langem mit dem Thema Kultur, spiele Theater, versuche kreativ zu sein. Was Kultur für mich bedeutet, habe ich bisher noch nicht zu hundert Prozent ergründen können. Deswegen möchte ich euch zusammen mit Peter einladen, im Rahmen der #blokult11 über das Thema Kultur zu bloggen, um kulturelle Perspektiven, Meinungen und Insights zu sammeln. Konkret geht es um zwei Fragen:
- Wie kultivierst du dein Leben?
- Was macht Kultur mit dir?
Erlaubt und erwünscht ist jegliche Form der Darstellung. Schreib deine Gedanken nieder, schieß ein Foto, mach ein Video, reim etwas oder mach einen Podcast. Nochmal zur Erinnerung: Kultur ist nicht nur Kunst, Theater und klassische Musik. Lasst eure Kreativität toben. Wichtig ist nur, dass ihr in euren Beiträgen zum einen diesen Kickoff-Blogpost verlinkt und zum anderen auch andere Beiträge zur #blokult11 verlinkt. Wenn ihr auf Twitter über die Blogparade schreibt, nutzt bitte den Hashtag #blokult11. Im besten Fall können wir gemeinsam mit dieser Blogparade ein starkes Kultur-Netzwerk aufbauen. Ihr habt ab Samstag, den 27.11.2011 bis zum Dienstag, den 20.12.2011 Zeit eure Gedanken zum Thema beizutragen. Am Ende der #blokult11 werde ich hier die Ergebnisse aller Beiträge zusammenfassen und eine lässige inhaltliche Collage zum Thema Kultur zusammenbasteln. Falls ihr Fragen oder Ideen zur Blogparade habt, könnt ihr Peter und mich jederzeit bei Twitter anzwitschern, diesen Blogpost kommentieren oder mir eine Mail (henric.wietheger@gmail.com) schreiben. Wir freuen uns riesig auf das, was hier entstehen kann und wünschen euch riesig viel Freude beim Kultivieren. Für diejenigen, die zwar Bock haben auf das Thema, aber noch nicht so ganz wissen, wie sie es angehen sollen, hier ein kleine abstrakte Einstimmung, die mir bei der Planung dieser Blogparade durchs Hirn gebraust ist und einige Street-Opinions zum Thema Kultur:
Es fängt langsam an. Leeeeeeeee – Du redest und redest und redest. Es wird schneller. Beeeeeeeee – Und dann denkst du und denkst und denkst. Es ist nicht mehr zu stoppen. Nnnnnnnn – Und dann schweigst du und schweigst und schweigst. Stille und Stille und Stille. Und dann? Wenn du nichts mehr zu sagen hast, jeder Gedanke gedacht ist und alles stillsteht, bist du an dem Punkt angelangt, wo das Leben dich im Griff hat. Dann wirst du dir dessen bewusst, was du gesagt, gedacht und verschwiegen hast. Dann fragst du dich was du aus deinem Leben machst, wie du es kultivierst.
UPDATE 24.01.2012: Ich komme momentan leider nicht dazu die Beiträge der #blokult11 zusammenzufassen. Bitte habt noch ein wenig Geduld und freut euch auf eine aussagekräftige Kultur-Collage.
Kultur ist, wenn die historische Person Eleonore Prochaska neu erfunden wird und in ihrem Blog ( http://www.eleonoreprochaska.de) und Facebook weiterlebt. Eleonore Prochaska (1785 – 1813) hat sich als Mann verkleidet und war Soldat in den Befreiungskriegen gegen Napoleon. Sie wurde auf dem Feld verwundet und starb und gilt seither als „Preußische Jeanne d’Arc“. Nach ihrem Tod entstanden verschiedene idealisierende Dramen und Gedichte für die „jungfräuliche Heldin“, ein Gedicht stammt aus der Feder Friedrich Rückerts. Ludwig van Beethoven verfasste vier Stücke als Schauspielmusik für ein Drama Friedrich Dunckers. Eleonore ist ein Mythos und wird von Ideologien vereinnahmt, je nachdem, wie es gerade paßt. (Nazizeit, DDR, Reenactment). „Es wird deutlich dass Geschichte immer wieder einer kritischen Besichtigung und Rezeption bedarf, damit Gegenwart und Zukunft nicht von Vorurteilen und menschenverachtenden Ideologien verhangen wird“ so der Kunsthistoriker Funken. Diese kritische Rezeption geschieht in dem medialen Kunstprojekt, nicht mit dem Zeigefinger, sondern in der Form eines Doubles, im Alltagsleben einer jungen 28jährigen Migrantin in Berlin-Neukölln.
Einen neuen Popsong gibt es auch seit Kurzem. Eleonore hat ihn analog zu Beethovens Trauermarsch, den er eigens für Eleonore Prochaska 1813 geschrieben hat komponiert.
B. Klompmaker
Das ist eine Kulturvariante, die ich hier in dieser Form noch nicht gelesen habe. Danke für diese Perspektive, Beate.
Ich beginne sprachhistorisch: Meines Wissens waren die Kulturbegriffe der Antike auf Individuen beschränkt und bezogen sich im Lateinischen (‘cultura’ – im Rahmen von Genitivverbindungen) auf die Pflege des Ackers, des Bodens, der Kleidung und speziell bei Cicero im übertragenen Sinn auch auf die des Geistes. Im Altgriechischen könnte man zum Vergleich Worte ‘hemeros’ (Adjektive) anführen, die sich auf die Bearbeitung des Bodens, die Veredelung von Pflanzen und auf gesittetes Verhalten beziehen. Eine Ausweitung von Kulturbegriffen auf Kollektive ist erst in der Renaissance erfolgt, durch Samuel von Pufendorf. Die Fassung schließlich ‘alles, was der Mensch hervorgebracht hat’, ist abstrahierend, vergleichsweise modern (z.B. bei Kant zu finden) und leicht durch ein Wort wie Zivilisation zu ersetzen.
Ein Kulturbegriff aber, der sich durch das Wort ‚Zivilisation‘ ersetzen lässt, ist die Buchstaben nicht wert, die aneinanderzureihen sind. Deshalb plädiere ich dafür, das Wort den Bauern, der Werbung, der Politik und populären Strömungen zu überlassen. So kann ich von mir behaupten, zumindest teilweise ein kulturloser Banause zu sein, immer dann, wenn ich mich (sprach-)künstlerisch oder wissenschaftlich orientiere 🙂
Einen angenehmen Tag!
Danke für deinen Beitrag, Reinhard. Das sind sehr interessante Beobachtungen.
Fortzuhören ist schwieriger, als fortzublicken. Das Auge führt den Menschen
in die Welt, das Ohr führt die Welt in den Menschen ein. Die Dimension des
Akustischen ist das Ausmaß der Unfreiheit. Als Hörende sind wir unfrei. Wir
sind alle Ohryeure*. Das Gehör ist der erste Sinn, der sich im Mutterleib
bildet, und der letzte, den der Sterbende verliert. Die Faszination des
Hörbuchs geht über die Lust an Geschichten hinaus und reicht,
anthropologisch betrachtet, sehr tief.
Im Zeitalter der so genannten „Neuen Medien“ erreicht man Kinder und
Jugendliche schwer mit Büchern. Wir erleben einen zunehmenden kulturellen
Analphebetismus, den auch die Indifferenz verursacht, zu der die modernen
Vereinfältigungsmedien verleiten.
User leben eine Kultur der Ungeduld. Sie wissen, wie man etwas findet,
aber sie wissen eigentlich nicht was sie finden möchten. Das Betriebssystem
für die elektronischen Medien ist das Lesen. Das Betriebssystem für das
Lesen ist die Sprachkompetenz. Das Betriebssystem für das Hören ist
Aufmerksamkeit; eine knappe Ressource.
Wer nicht hysterisch über Kunst und neue Medien sprechen will, braucht
nicht in einen naiven Realismus zu verfallen. Es gibt auch dazu eine
Alternative, die nicht minder rational ist: die medienarchäologisch genaue
Analyse jener Änderungen der Wirklichkeit, die sich auf dem Weg von den
einstige Analogmedien wie Rundfunk oder Telefon zum Digitalmedium Computer
ereignet haben.
Diesen Weg zeichnet A.J. Weigoni mit seinem essayhaften Text
„Produktorientiertes medienpädagogisches Arbeiten mit Jugendlichen“ auf
http://www.vordenker.de/weigoni/mpaed.htm – nach. Sie finden auch dort
einige Ohryeure-HörClips als mp3 zum vorhören.
Matthias Hagedorn
Die CD „Ohryeure“ ist erhältlich über: info@tonstudio-an-der-ruhr.de
Danke für den Kommentar.
Die Aktion findet man jetzt auch hier:
Beste Grüsse
Günter Andersson
Schubladen sind praktisch. Sie teilen eine ganze Kommode
in viele ordentliche Segmente.
Und so gibt es, schön kommod, die Schublade für links, für rechts,
die Mitte, die U-Musik, die E-Musik, die Wirtschaft, die Politik,
die Kunst, den Kitsch, etc., etc.
Und so teilen wir uns das Leben ein. Und so leben wir deshalb.
Inland, Ausland, faul, fleißig, Freund, Feind, Herrscher, Beherrschte,
gut, böse, etc., etc.
Weil das ziemlich alle so tun, halten wir das auch noch für richtig und
übersehen, dass das Leben aus all diesen und mehr und manchmal
gegensätzlichen Segmenten besteht. Oder anders, die ganze Kommode
ist das Leben.
Wirtschaft reduziert auf die Ratio, entspricht der Kunst, reduziert auf
die Emotion. Lebenswertes Leben ist eine Vernetzung von Ratio und Emotion.
Maßvoll, ausgewogen, sich stützend. Gegenseitig.
Der Schlüssel für eine funktionelle Welt. Für eine Welt des Miteinander
statt des Gegeneinander. Im Einklang.
UNISONO
11. Mai 1994
Recitation: Aylish Kerrigan
Text: Günter Andersson
Einladung:
Danke für diesen inspirierenden Beitrag, Günter 🙂
Meine Gedanken zu Kultur und Gesellschaft findet ihr auf: https://www.facebook.com/pages/Wenn-Richten-dann-Aufrichten/106785719363006
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Meine kleine Gedankensammlung zum Thema Kultur und was Kultur für mich ist, findet ihr auf .
So long.
René
Bombigen Dank für diese rockige Ode an die Kultur als Lebensgefühl 🙂
Beitrag zur Blogparade „Was heißt eigentlich Kultur?“ von Volker Lüdecke für Peter H. Kalb und Henric Wietheger
Der Begriff Kultur ist schon lange Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen, speziell in der Kulturwissenschaft geht man vor allem im philosophischen Fachgebiet der Ästhetik dieser Frage nach.
Die verschiedenen Theorien in einem knappen Essay vollständig darzulegen, würde den Rahmen dieses kleinen Beitrags erheblich aus den Fugen geraten lassen, daher dazu nur kurz.
Die Lehre von der Wahrnehmung des Menschen in ihren vielfältigen Theorien zeigt vor allem eines, nämlich wie die Beschaffenheit unserer Sinnesorgane darüber mitbestimmt, was wir und wie wir etwas wahrnehmen.
Der Eindruck einer Stubenfliege von unserer Welt unterscheidet sich allein organisch durch die vollkommen andere Sehqualität ihrer Augen, ganz abgesehen einmal vom Vermögen des Gehirns.
Jedoch nehmen unsere Augen, vermittelt durch die unzähligen Kameras unserer Medien, inzwischen im globalen Raum die Perspektive einer Stubenfliege ein, die vieles gleichzeitig wahrnimmt, aber weder weiß, was es ist noch wie es zusammenhängt.
Betrachten wir unsere Welt mit menschlichen Augen und nötigem Verstand, dann stellen wir relativ deutlich fest, dass sich unsere Kultur in der Krise befindet.
Denn sie basiert ausgeprägt auf Konsum und trägt deshalb dazu bei, dass wir mit daran Schuld haben, wie für zukünftige Generationen ein gesundes Leben erschwert wird. Aber das ist ja inzwischen eine Binsenwahrheit.
Die Krisenhaftigkeit unserer Kultur zeigt sich auch an Erscheinungen von Hass und Intoleranz, die gerade wieder sichtbar geworden sind an hinterhältigen Morden an Ausländern von geistig verwirrten Attentätern.
Beides mag sogar zusammengehören, da diese rechten Attentäter von ihrer Herkunft her ideologisch von einem politischen System geprägt wurden, das seinen Bürgern eine Sinnhaftigkeit ihres Daseins in Form eines kulturellen Fortschritts suggerierte, der dann mit dem Ende der DDR nicht mehr eingetreten war.
Die geistige Leere der Konsumgesellschaft wussten diese künftigen Attentäter nur mit Hass aufzufüllen, und wurden vielleicht auch daher zu Schergen einer Naziideologie, die ihre historischen Ursachen in missglückten und wirren Theorien der letzten beiden Jahrhunderte hat.
Für alle toleranten und weltoffenen Bürger liegt hier aber die Trennungslinie unserer Kultur, die eindeutige Grenze dessen, was sich menschliche Kultur nennen darf und einem Surrogat dafür, was man vielleicht als Barbarei, Mordlust und niedere Beweggründe bezeichnen könnte.
Auftrag einer toleranten Kultur muss es unbedingt sein, besonders in den Zeiten der Krise, sich dagegen zu wehren. Nur wie? Das ist die nicht nur heute viel diskutierte Frage.
In diesem Kontext möchte ich über meine Erfahrungen im Zusammenhang mit dem Landestheater Mecklenburg/Neustrelitz und den Aufführungen meines Stücks „Deutschland den Doofen“ über die Biografie „Ein Neonazi steigt aus“ des Ingo Hasselbach berichten.
In den Neunzigern wurden vor allem im Osten Asylbewerberunterkünfte angezündet und man fragte sich, wie kann das sein?!
Die Aufführungen von „Deutschland den Doofen“ im Landestheater Mecklenburg/Neustrelitz 1997 waren ein passende Antwort auf diese Erscheinungen, denn über zwei Spielzeiten hinweg kamen auch viele Schulklassen in die Aufführungen, viele begleitende Diskussionen im Foyer des Theaters und im Schulunterricht fanden am komplex dargestellten Beispiel des Lebens dieses Neonazi Aussteigers statt und zeigten zahlreichen jungen Menschen, welche Irrwege eventuell auf Heranwachsende warten und wie man sie vermeiden kann.
Ich war damals ein noch junger Autor und eher unvorbereitet mit denjenigen Kulturschaffenden konfrontiert, die beinahe fanatisch ihre Ansicht vertraten, dieses Thema gehöre nicht auf die Bühne eines Theaters.
Diese „Verteidiger eines Theaters frei von Wirklichkeit“ verbündeten sich mit im Stück geschassten ehemaligen Stasimitarbeitern (Neustrelitz war Stasi Hochburg), dazu gesellten sich vermutlich noch die im Stück als lächerlich beleidigten Rechten, und diese groteske Allianz von Gleichgesinnten versuchte nun mit allen Mitteln Rache am Autor von „Deutschland den Doofen“ zu nehmen, an mir.
So hat sich der Titel „Deutschland den Doofen“ doch auch im Nachhinein als richtig gewählt herausgestellt, und einmal mehr wurde deutlich, welche Schwierigkeiten unsere Kultur damit hat, sich offensiv mit drängenden Fragen der Gegenwart auseinanderzusetzen, sich also selbst zu beschützen.
An dieser Stelle könnte ich noch viele groteske Episoden aus dem Fundus dieser eigentümlichen Aufführungserfahrung berichten. Eines habe ich jedenfalls kennengelernt: den weit verbreiteten Fanatismus in Deutschland, der vor allem da blüht, wo niemand mit ihm rechnet.
Sich dem entgegenzustellen, egal wo er vorkommt, das kostet wirklich viel Mut!
Von Neustrelitz hört man zum Glück nichts mehr über eventuelle Neonaziaktivitäten, also bin ich zufrieden, damals meine Unversehrtheit aufs Spiel gesetzt zu haben. In Thüringen und Sachsen wäre eine Inszenierung von „Deutschland den Doofen“ sicherlich auch heute noch aktuell. Besonders in Gera.
Über die „Streitkultur“ von einigen Kulturschaffenden habe ich in besonderem Maße gelernt, wovon ich in Zukunft noch berichten werde!
Copyright 2011, Volker Lüdecke
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Kultur ist für mich soooooo Vieles. Ein Stück Kultur, das mir im letzten Vierteljahrhundert ganz besonders ans Herz gewachsen ist, ist die ART (Kunst?), mit Konfliktentstehung und Veränderung umzugehen! Aarun Gandhi, der Enkelsohn Mahatma Gandhis schreibt im Vorwort zu Marshall Rosenbergs Buch „Gewaltfreie Kommunikation“ – Vorwort zur amerikanischen Neuauflage – Folgendes:
„Als Farbiger in den 40er Jahren im Südafrika der Apartheid aufzuwachsen, war nicht gerade das, was man sich am meisten wünscht, denn es verging täglich kaum ein Augenblick., in dem man nicht an die eigene Hautfarbe erinnert wurde. Darüber hinaus ist es eine demütigende Erfahrung, wenn man im Alter von zehn Jahren erst von weißen Jugendlichen verprügelt wird, weil sie einen für zu schwarz halten, und dann von schwarzen Jugendlichen, weil sie einen für zu weiß halten: Das kann jeden in rachsüchtige Gewalttätigkeit treiben.
Diese Erlebnisse brachten mich so in Rage, dass meine Eltern beschlossen, mich nach Indien zu schicken und mich bei meinem Großvater , dem legendären Mahatma Gandhi zu lassen, damit ich von ihm lerne, wie ich mit dem Ärger, der Frustration, der Diskriminierung und der Demütigung umgehen kann, die gewalttätige Rassenvorurteile in einem Menschen heraufbeschwören können. Während dieser 18 Monate lernte ich mehr, als ich mir jemals hätte vorstellen können. Heute bedauere ich, dass ich erst 13 Jahre alt und ein mittelmäßiger Schüler in diesem Fach war. Wäre ich doch nur etwas älter, etwas klüger und aufmerksamer gewesen, dann hätte ich so viel mehr lernen können. Aber man muss zufrieden sein mit dem, was man hat, und keinen Neid aufkommen lassen – eine grundlegende Lektion im gewaltlosen Leben. Wie kann ich das vergessen?
Unter vielen Dingen lernte ich von meinem Großvater, die Gewaltlosigkeit in ihrer Tiefe und Breite zu verstehen und anzuerkennen, dass wir alle gewalttätig sind und dass es darum geht, unsere Einstellungen grundlegend zu ändern.
Wir sehen unsere eigene Gewalttätigkeit oft nicht, weil wir sie ignorieren. Wir halten uns nicht für gewalttätig, weil wir uns unter Gewalt einen Kampf, einen Mord, eine Schlägerei und Kriege vorstellen – alles Dinge, die „normale“ Menschen „normalerweise“ nicht tun.
Mein Großvater ließ mich einen Stammbaum der Gewalttätigkeit zeichnen, der genauso, wie ein Familien-Stammbaum aufgebaut war. Sein Argument dafür war, dass ich zu einer besseren Wertschätzung der Gewaltlosigkeit kommen könnte, wenn ich die Gewalt, die in der Welt existiert, wahrnehme und verstehe. Jeden Abend half er mir, die Geschehnisse des Tages zu analysieren – alles, was ich erlebt oder gelesen hatte, was ich gesehen oder anderen angetan hatte.
Das wurde dann in den Baum eingetragen, entweder unter „körperlich“ (wenn es sich um körperliche Gewalt handelte) oder unter „passiv“ (wenn es eher eine emotionale Verletzung war).
Innerhalb weniger Monate war eine Wand in meinem Zimmer bedeckt mit Handlungen „passiver“ Gewalt, die mein Großvater als heimtückischer erachtete als „Körperliche“ Gewalt. Er erklärte dann, dass passive Gewalt letztendlich Ärger im Opfer erzeugt, das daraufhin gewalttätig reagiert, sei es als Individuum oder in einer Gruppe. Mit anderen Worten: Es ist die passive Gewalt, die Öl in das Feuer der körperlichen Gewalt gießt.
Weil wir diesen Zusammenhang nicht verstehen oder ihn nicht anerkennen, tragen alle unsere Friedensbemühungen entweder keine Früchte, oder sind von kurzer Dauer. Wie können wir ein Feuer löschen, wenn wir nicht zuerst die Ölleitung kappen, die das Inferno entzündete?
Großvater betonte immer lautstark, wie wichtig es ist, gewaltfrei zu kommunizieren – das verwirklicht Marshall Rosenberg seit vielen Jahren auf bewundernswerte Weise in seinen Schriften und in seinen Seminaren. Mit großem Interesse habe ich Mr. Rosenbergs Buch „Gewaltfreie Kommunikation – Eine Sprache des Lebens“ gelesen, und ich bin beeindruckt von der Tiefe seiner Arbeit und von der Einfachheit seiner Lösungswege.
Gewaltlosigkeit ist keine Strategie, die man heute anwendet und morgen wieder fallen lässt, und sie ist auch nichts, das einen klein oder schwach macht. In der Gewaltlosigkeit geht es darum, negative Einstellungen, die uns beherrschen, in positive Einstellungen umzuwandeln. Alles, was wir tun, geschieht aus selbstsüchtigen Motiven heraus, so sind wir konditioniert. „Was springt für mich dabei heraus?“ – das wird in einer überwältigend materialistisch orientierten Gesellschaft gefördert, die sich den verbissenen Individualismus auf die Fahnen geschrieben hat. Keine dieser negativen Vorstellungen ist für den Aufbau einer homogenen Familie, Gemeinde, Gesellschaft oder Nation nützlich.
Es kommt nicht darauf an, dass wir in Krisen zusammenstehen und unseren Patriotismus mit dem Hissen einer Flagge zum Ausdruck bringen; es reicht nicht, eine Supermacht zu werden, die sich ein Waffenarsenal anlegt, mit dem diese Erde vielfach zerstört werden kann; es ist nicht genug, uns den Rest der Welt durch unsere militärische Macht zu unterwerfen, denn Frieden kann nicht auf Angst aufgebaut werden.
Gewaltlosigkeit heißt, dass wir dem Positiven in uns Raum geben. Lassen wir uns lieber von Liebe, Respekt, Verständnis, Wertschätzung, Mitgefühl und Fürsorge für andere leiten als von den selbstbezogenen und selbstsüchtigen, neidischen, hasserfüllten, mit Vorurteilen beladenen, misstrauischen und aggressiven Einstellungen, die unser Denken für gewöhnlich dominieren. Wir hören oft, dass Menschen sagen: „Diese Welt ist so rücksichtslos, und wenn man überleben will, muss man eben auch rücksichtslos sein.“ Da bin ich ganz bescheiden anderer Meinung.
Die Welt ist das, was wir aus ihr gemacht haben. Wenn sie heutzutage rücksichtslos ist, dann liegt s daran, dass wir sie durch unsere Einstellungen rücksichtslos gemacht haben. Ändern wir uns selbst, dann können wir die Welt ändern. Und eine Veränderung unserer selbst beginnt mit einer Veränderung unserer Sprache und unserer Art, zu kommunizieren. Ich lege Ihnen sehr ans Herz, dieses Buch zu lesen und den Prozess der gewaltfreien Kommunikation, der darin dargestellt wird, anzuwenden. Das ist ein bedeutender erster Schritte zur Veränderung unserer Kommunikation und zur Schaffung einer einfühlsamen Welt.
Aarun Gandhi
Gründer und Präsident des M.K. Gandhi-Instituts für Gewaltlosigkeit“
Irgendwann „traf“ ich in facebook „Wenn richten …, dann aufrichten …“ –
und in Berlin Dominic Barter, Restorative Circles
und ich mach seit Jahren hier mit: http://www.seniorstreetart.de/seniors_doku_190109_kl.pdf
Auf der ersten Seite seht ihr mich!
Auf Seite 6 – tja, da hab viel von mir erzählt und es hat mir einen Riesenspaß gemacht!
Auf Seite 9 sind vieler Fotos von mir, sehe ich gerade …
Auf Seite 12 ist das „NIR“, das „G“, das „END“ und das „WO?“ von mir …
…
Vielen Dank für eure Beiträge, Volker und Berthild! Ich finde, dass das ein sehr starker und provokativer Start in die #blokult11 ist.
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Was Kultur ist?
Unsere Kultur ist die Krankheit der Natur, weil wir in unserer Form der alltäglichen Kultur zu viel Material verbrauchen. Kultur ist also Verschwendung, wer sich verschwendet ist ein Kulturmensch.
Wer spart, geizt oder asketisch lebt ist bei uns kein Kulturmensch, weil er unsere Kultur nicht braucht.
(das war ein Beitrag aus dem Ironietube von Volker Lüdecke)